©Hotel Luise Erlangenartikel
05. Nov. 2025
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Nachhaltigkeitskommunikation im Tourismus
Nachhaltigkeit
Destinationsentwicklung
Nachhaltigkeit ist kein saisonaler Trend, sondern ein dauerhafter Paradigmenwechsel – insbesondere im Tourismus. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, wird in Tourismusbranche viel gesagt — aber was kommt tatsächlich an? Beginnt nicht beim Marketing und endet nicht mit dem Bio-Müsli am Frühstücksbuffet. Zwischen guten Absichten und echter Wirkung liegt ein kommunikativer Balanceakt.
Warum ist die Kommunikation des nachhaltigen touristischen Angebots für Betriebe von entscheidender Bedeutung?
- Bewusstseinsbildung und Bildung: informiert Mitarbeiter:innen und Gäste, schärft das Bewusstsein und ermöglicht gezieltere Entscheidungen.
- Förderung von nachhaltigem Verhalten: ermutigt dazu, nachhaltige Aktivitäten und Praktiken zu wählen. Dies umfasst beispielsweise die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, den Besuch von Naturschutzgebieten oder den Kauf lokaler Produkte.
- Einbindung und Partizipation: Indem das nachhaltige touristische Angebot präsentiert wird, werden Gäste, Mitarbeiter:innen und die lokale Bevölkerung aktiv in die nachhaltige Entwicklung der Betriebe beziehungsweise der Destination mit einbezogen. Sie können dadurch an nachhaltigen Projekten teilnehmen und einen positiven Beitrag zur Umwelt und lokalen Gemeinschaft leisten.
- Image und Wettbewerbsvorteil: stärkt das Image der Betriebe und der Destination als verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Reiseziel.
- Schutz der natürlichen und kulturellen Ressourcen: fördert eine umweltfreundliche und kulturbewusste Reiseplanung. Dies kann den Druck auf empfindliche Ökosysteme und kulturelle Stätten reduzieren und zu deren Schutz beitragen.
- Rechenschaftspflicht und Transparenz: ermöglicht, die tatsächlichen Auswirkungen auf die Umwelt und die lokale Gemeinschaft zu verstehen.
Wenn es um Nachhaltigkeit geht, wird in der Tourismusbranche viel gesagt -aber was kommt tatsächlich an und wie jetzt konkret loslegen?
- Von innen nach außen – nachhaltige Kommunikation beginnt im eigenen Team: Glaubwürdigkeit entsteht, wenn Nachhaltigkeit intern gelebt und extern verständlich gemacht wird und damit vom Lippenbekenntnis zur gelebten Haltung wird. Das bedeutet: Mitarbeitende einbinden, Prozesse umstellen, Schulungen und Mitgestaltung, offene Kommunikation über Herausforderungen, Feedbackkultur mit Gästen und Partnern. Erst, wenn alle mitreden können, wird Nachhaltigkeit zur erlebbaren Realität und nicht zum Marketing-Manöver.
- Nachhaltigkeit beginnt mit Zuhören: Wer nachhaltig kommunizieren will, sollte zuerst zuhören: den Gästen, der lokalen Bevölkerung, den Mitarbeitenden. Was erwarten sie? Was bewegt sie? Daraus entsteht eine Kommunikation, die nicht nur informiert, sondern inspiriert.
- Ehrlichkeit schlägt Hochglanzbroschüre: Wer glaubt, Gäste ließen sich mit grünen Piktogrammen und Buzzwords beeindrucken, unterschätzt deren Sensibilität. Transparenz ist das neue Vertrauen. Authentische Geschichten, klare Fakten und nachvollziehbare Maßnahmen wirken glaubhafter als generische Slogans wie „Im Einklang mit der Natur“. Kommuniziert werden sollte, was tatsächlich gelebt wird – auch wenn es noch Luft nach oben gibt. Konkret zum Beispiel belegbare Zahlen statt Phrasen, anerkannte Zertifikate oder das sichtbar-machen von lokalen Projekten und Partnern.
- Zielgruppen richtig ansprechen: Der Skifahrer erwartet andere Nachhaltigkeitsbeiträge als der Kultururlauber. Kommunikationsstrategien sollten differenzieren — sowohl in der Tonalität als auch in den Inhalten. Erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation kennt ihre Zielgruppe/ihr Milieu und spricht ihre Werte an. Sie differenziert nach Medienkanal, Sprache und Informationsbedarf.
- Nudging – der sanfte Stupser in die richtige Richtung: Im Tourismus kann Nudging ein kraftvolles Werkzeug sein, um nachhaltiges Verhalten zu fördern – ohne zu belehren oder zu bevormunden. Es schafft Verhaltensanreize mit Fingerspitzengefüh. Gut konzipierte Nudges setzen auf sanfte Impulse, die Gäste motivieren, selbstständig bessere Entscheidungen zu treffen. Nudging in der Praxis bedeutet zum Beispiel: Voreinstellungen im eigenen Buchungstool (die Bahnreise voreinstellen oder die Zimmerreinigung nur auf Wunsch aktivieren), Gamification (Digitale Sammelcards für "grüne Aktivitäten“), Belohnungen (kleine Geschenke bei Verzicht auf die tägliche Zimmerreinigung,) oder sichtbare soziale Normen & Vorbilder ("90 % unserer Gäste reisen mit Öffentlichen Verkehrsmitteln an“, "90 % der Gäste nutzen das Fahrrad, um die Region zu erkunden“).
Mit Leitfäden und Tools zur richtigen, nachhaltigen Botschaft
Verfügbare praxisnahe Leitfäden und Tools für wirksame Nachhaltigkeitskommunikation können Betrieben und Organisationen dabei helfen, komplexe Umwelt- und Sozialthemen verständlich, glaubwürdig und zielgruppengerecht zu vermitteln. Damit gute Absichten auch gute Wirkung zeigen.
Ein paar Beispiele solcher Hilfestellungen:
„Green Claims im Tourismus“
Ein Leitfaden der Österreich Werbung der dabei hilft, die Kommunikation effektiv zu gestalten und vor allem die zahlreichen Stolperfallen zu vermeiden, die im Kontext der Nachhaltigkeitskommunikation lauern. → siehe https://www.austriatourism.com/nachhaltigkeit/
„Nachhaltigkeits-Toolbox des Burgenlandes“
Eine gute Zusammenfassung für Beherbergungsbetriebe mit Tipps, wie sie selbst im Bereich der ökonomischen, sozialen und kulturellen Nachhaltigkeit wirksam werden können. Die Toolbox ist ein Ideenpool, anderseits beinhaltet sie aber auch ganz konkrete Handlungsanleitungen (z.B.: Reduktion von Food Waste, Energiesparmaßnahmen, Kommunikation der öffentlichen Anreise).
„Toolbox Nachhaltigkeits-Kommunikation“
Ein Konzept der IDM Südtirol: https://www.idm-suedtirol.com/de/unsere-leistungen/nachhaltigkeit/toolbox-nachhaltigkeitskommunikation
„Kleiner Stups, große Wirkung“
Leitfaden Nachhaltigkeitskommunikation & Nudging von Futouris (gemeinsam entwickelt mit Visit Finland und Tourism Ireland) → siehe www.futouris.org
Nachhaltigkeit braucht gute Geschichten und glaubwürdige Erzähler:innen 🗣️
In einer Welt voller Versprechen zählt vor allem eines: Vertrauen. Nachhaltige Tourismuskommunikation ist kein Marketing-Werkzeug, sondern Ausdruck einer Haltung. Sie muss ehrlich, nachvollziehbar und sympathisch sein. Denn am Ende entscheiden Gäste nicht nur nach Preis oder Lage – sondern auch danach, wo Werte nicht nur behauptet, sondern gelebt und kommuniziert werden.




