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17. Juni 2025
KI und Nachhaltigkeit: Zwischen Hoffnung, Hype und Haltung
Nachhaltigkeit
Künstliche Intelligenz
Digitalisierung
Der 2. Sustainable in Austria Summit (STiAS) am 3. und 4. Juni 2025 im Festspielhaus Bregenz stand unter dem Motto: We learn. We grow. We shine. In einem der vier Deep-Dive-Workshops drehte sich alles um die zentrale Frage: Wie passen Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit zusammen? Der Workshop – organisiert von der Österreich Werbung – öffnete den Raum für kritisches Denken, praxisnahe Anwendungen und mutige Visionen.
Bevor es in die Tiefe ging, wurden die Teilnehmer:innen über ein interaktives Mentimeter-Tool eingeladen, ein erstes Stimmungsbild abzugeben. Fragen wie „Was ist KI für dich?“ oder „Welches Ziel sollte durch KI vorrangig erreicht werden?“ brachten ein facettenreiches Meinungsbild zutage: Von „digitale Assistenz“ über „Wissen“ bis zu „Arbeitserleichterung“ und „Kreativitätsförderung“.
Die meistgenannten Ziele? Effizienzsteigerung, Gästezufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit – aber auch Ressourcenschonung war prominent vertreten. Schon hier zeigte sich: KI ist kein Selbstzweck – sie muss sinnvoll eingebettet sein.
Die Kernfrage des Workshops: Kann KI ein echter Hebel für nachhaltige Entwicklung sein – oder steht sie im Widerspruch dazu? Die Antwort? Komplex – wie der Workshop selbst.
Von der Idee zur Auseinandersetzung: Workshop-Design und Struktur
Barbara Prodinger betonte, dass es dabei nicht nur um technische Tools gehe, sondern um Haltung und Kompetenzaufbau– und dass die Branche diesen Wandel nur gemeinsam meistern kann. Genau dafür wurde Change Tourism Austria (CTA) gegründet: eine Community, die mit mittlerweile über 1600 Mitgliedern Ideen, Herausforderungen und Lösungen zu Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Tourismus zusammenbringt.
Stefan Kreppel ergänzte: KI sei oft mit Kritik wegen ihres Energieverbrauchs konfrontiert – zu Recht. Gleichzeitig zeigten Studien (z. B. von BCG), dass KI die Produktivität teils um über 40 % steigern kann. „Ist das also Energieverschwendung – oder Teil nachhaltiger Ressourcennutzung?“, so seine provokante Frage.
Gruppenarbeit entlang der fünf Nachhaltigkeitssäulen
Die Workshopgruppe wurde danach in fünf Stationen aufgeteilt – jede widmete sich einer der fünf Nachhaltigkeitssäulen:
🌿Ökologische Nachhaltigkeit
Chancen: Besucher:innenlenkung über KI-gestützte Systeme, Schutz sensibler Ökosysteme durch Verhaltensprognosen.
Herausforderungen: Abhängigkeit von Datenaktualität, potenziell falsche Informationen, ethische Fragen der Verantwortung.
🫂Soziale Nachhaltigkeit
Große Potenziale im Bereich Barrierefreiheit, etwa durch Live-Übersetzung (z. B. Wordly), erleichterter Zugang zu Wissen und Onboarding durch GPT-gestützte Lernprozesse.
Herausforderungen: Mangelnde emotionale Intelligenz, Vorurteile in Trainingsdaten – KI reproduziert stereotype Narrative.
🖼️Kulturelle Nachhaltigkeit
KI kann Wissen zu Traditionen, Brauchtümern und kultureller Vielfalt bewahren und zugänglich machen.
Problematisch: Wenn kulturelle Nuancen vermischt oder missverständlich dargestellt werden. Datenqualität ist hier entscheidend.
🗳️Politische Nachhaltigkeit
KI kann Partizipation fördern – z. B. durch mehrsprachige Zugänge oder datenbasierte Stakeholder-Analysen.
Gleichzeitig drohen Deepfakes, Manipulation und ein schleichender Verlust des kritischen Denkens, wenn KI als neutrale Instanz wahrgenommen wird.
💰Ökonomische Nachhaltigkeit
Hier wurde das größte Potenzial gesehen: Prozessoptimierung, datenbasierte Entscheidungsfindung, personalisierte Angebote.
Gleichzeitig stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Jobs, Kompetenzveränderungen und der Balance zwischen Wachstum und Wertekonflikten.
Zusammenfassung auf der Bühne: KI mit Haltung nutzen
Zum Abschluss des Workshops wurde eine Teilnehmerin gebeten, ihre Eindrücke stellvertretend für die Gruppe auf der Hauptbühne zusammenzufassen. Ihr starkes Fazit:
„Wenn wir KI und Nachhaltigkeit zusammendenken, stellen wir schnell fest: Es menschelt in keinem der beiden Bereiche. Es braucht uns – mit Haltung. Vielleicht kann KI künftig der Natur eine Stimme geben. Und ja: Sie kann uns helfen, wieder Zeit für echte Innovation und Reflexion zu schaffen. Aber sie darf uns nicht das Denken abnehmen.“
Diese Perspektive spiegelte den Tenor des Workshops wider: KI ist ein Werkzeug – nicht die Lösung. Ihre Wirkung hängt davon ab, wie wir sie gestalten, regulieren und in den Arbeitsalltag einbetten.
Fazit: KI + Nachhaltigkeit = Gestaltungsaufgabe
Der Workshop war kein Technik-Schaulaufen, sondern eine Einladung zum Mitdenken – entlang ethischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Fragestellungen.
Dass er innerhalb des STiAS unter dem Motto We learn. We grow. We shine. stattfand, war kein Zufall. Denn genau darum ging es: Lernen, gemeinsames Reflektieren und Zukunft bewusst gestalten.